Am 30. Januar 1959 war die Vernissage von Jean Tinguelys erster Einzelausstellung in Deutschland. Sie fand in der Galerie Schmela statt, die Alfred Schmela 1957 mit der Ausstellung Yves Propositions monochromes, d.h. einer Präsentation der monochromen Bilder von Yves Klein eröffnet hatte. Yves Klein hielt bei der Vernissage zwei Jahre später die Eröffnungsrede über La collaboration entre artistes créateurs, während Nusch Bremer, Claus Bremer und Daniel Spoerri ein Simultangedicht lasen. Drei Texte liefen über eine Rolle, deren Geschwindigkeit die Sprecher zu persönlicher Auswahl der Sätze zwang. Die Texte wurden gleichzeitig gelesen und mischten sich akustisch. Der erste Text hiess tinguely hat zwei katzen und begann mit: «tinguely hat zwei katzen. Tinguelys frau hat auch zwei katze und einen mann. Ich erinnere mich daran, dass tinguely und ich einmal eine vollautomatische kaffeemaschine gebaut haben. Es gibt dinge die ihm gleichgültig sind und solche, die ihm nicht gleichgültig sind.» Der zweite Text hiess die apparate von tinguely, seine ersten Zeile lauteten: «die apparate von tinguely bewegen sich in der realität. Die apparate von jean tinguely werden von einem motor angetrieben, der real ist. Auch apparate, die nicht von jean tinguely sind, bewegen sich. Auch apparate, die nicht von jean tinguely sind bewegen sich in der realität. Auch apparate, die nicht von jean tinguely sind, werden von einem motor angetrieben, der real ist.» Der dritte Text hatte den Titel elementarbausteine der materie. Die Eröffnung der Ausstellung wurde mit einem dreitägigen Atelierfest bei Günther Uecker gefeiert. Das Kostümfest stand unter dem Motto Extase in Farbe, an dem sich Günther Uecker und Otto Piene kennenlernten.
Flugblätter über Düsseldorf
Kurz nach dem Ende der Ausstellung warf Jean Tinguely am 14. März 1959 sein Manifest Für Statik über Düsseldorf ab – oder auf jeden Fall wurde das Manifest in Düsseldorf verteilt. Ob der eigentliche Abwurf tatsächlich stattgefunden hat, ist unklar. Sicher ist der programmatische Text des Manifests:
Am 5. Juli 1961 wurde in und vor der Galerie Schmela mit ZERO: Edition, Exposition, Demonstration die dritte Ausgabe der Zeitschrift ZERO präsentiert. Das Spektakel, das von Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker (der von diesem Zeitpunkt an fest mit Mack und Piene ZERO verkörpert) konzipiert worden war, sprach alle Sinne an und war etwas zwischen Strassenfest, Performance, Environment und Ausstellung. Die dritte (und letzte) Ausgabe von ZERO DYNAMO war den Künstler*innen des europäischen ZERO-Netzwerkes gewidmet und begann mit einer Bildstrecke über Lucio Fontana (als Auftakt, Vorbild) und dann mit Dynamo Yves Klein (allen Künstlernamen war ein Dynamo vorangestellt), gefolgt von Dynamo Tinguely. Von ihm wurde der Text abgedruckt, der am 12. November 1959 anlässlich von Art, Machines and Motion: A Lecture by Jean Tinguely im ICA in London gelesen bzw. als Tonbandaufnahme abgespielt wurde. Darauf folgt die Beschreibung von Homage to New York, der sich selbst zerstörenden Maschine im MOMA New York, die der schwedische Ingenieur Billy Klüver aufgezeichnet hatte, und dann die Patentschrift für Tinguelys Zeichenmaschine. Fotos des Künstlers und seiner Maschinenskulpturen komplettierten die umfangreiche Präsentation, die den Stellenwert Tinguelys für ZERO unterstrich.
Düsseldorf und die Galerie Schmela blieben für Tinguely wichtig, mit Einzelausstellungen 1976, 1984 (an deren Vernissage Joseph Beuys zugegen war) und 1989. Im Rahmen der letzten Ausstellung bei Schmela zeigte Tinguely seine Philosophen, und andere Schreckgespenster.
Bildnachweis: Jean Tinguely in einem Flugzeug mit dem Manifest Für Statik, Düsseldorf, 1959 © bpk / Charles Wilp